Lieferdienste: Getir will offenbar Gorillas übernehmen​

Die zwei Einhorn-Startups Getir und Gorillas sprechen Berichten zufolge über eine Übernahme. Damit würde sich der Markt weiter konsolidieren.​

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Ein Fahrradkurier liefert in Berlin Lebensmittel für den Lieferdienst Gorillas aus.

Ein Gorillas-"Rider" in Berlin.

(Bild: Timeckert/Shutterstock.com)

Lesezeit: 2 Min.

Auf dem umkämpften Markt mit Lebensmittellieferung zeichnet sich eine Elefantenhochzeit ab: Der türkische Marktführer Getir verhandelt Medienberichten zufolge mit dem deutschen Konkurrenten Gorillas über eine Übernahme. Der ungenannte Kaufpreis könne in bar und mit Aktien bezahlt werden, berichtet der Wirtschaftsnachrichtendienst Bloomberg unter Berufung auf Unternehmenskreise. Eine Gorillas-Sprecherin wollte "Marktgerüchte" auf Anfrage nicht kommentieren

Mit der Übernahme von Gorillas könnte Getir seine Position in Europa stark ausbauen. Auf wichtigen Märkten wie Deutschland, Frankreich und Großbritannien konkurrieren die Lieferdienste direkt miteinander. Hierzulande haben sie es zudem mit Flink zu tun, an dem der Lebensmittelriese Rewe beteiligt ist. In Berlin, dem Heimatmarkt von Gorillas, konnte Flink diesen zuletzt die Marktführerschaft abnehmen.

Gorillas galt einige Zeit als strahlendes deutsches "Einhorn": Nach Investitionen war das Startup mit weit über einer Milliarde Euro bewertet und legte eine Wachstumsstory hin, wie sie Investoren gefällt. Doch in den vergangenen Monaten mischen sich zunehmend Misstöne die Erfolgsgeschichte.

Der zu Pandemiezeiten boomende Markt für Lebensmittellieferungen lässt nach, auch weil die drohende Rezession auf das allgemeine Konsumklima drückt. Investoren scheuen zunehmend das Risiko. Gorillas-Gründer und CEO Kağan Sümer sucht seit Monaten vergeblich nach neuen Investoren und frischem Geld.

Gorillas Investoren wollen sehen, dass das Geschäftsmodell profitabel werden kann, bevor sie weiteres Geld nachschießen. Bis Mitte 2023 sollten mindestens zwei Kernmärkte aus den roten Zahlen, Ende des Jahres dann die ganze Gruppe, hatte das Manager Magazin berichtet.

Angesichts der heftigen Preiskämpfe im Lebensmittelhandel ist die Marge, die Lieferdienste wie Gorillas mit einer Lieferung erzielen können, nicht groß. Mit jeder Lieferung verbrennt Gorillas Geld, das damit erzielte Wachstum bleibt zunehmend hinter den Erwartungen zurück. Gorillas muss sparen und hat bereits Mitarbeiter entlassen.

Getir wurde 2015 in der Türkei gegründet und hat eine noch steilere Karriere hingelegt. Inzwischen wird das Unternehmen, das in der Türkei und Großbritannien Marktführer ist, mit über 10 Milliarden Euro bewertet. Aber auch Getir ist noch nicht profitabel.

Zudem wird der tägliche Betrieb von logistischen Problemen geplagt, aus dem einstigen Versprechen der "Lieferung in 10 Minuten" ist die "10" inzwischen verschwunden. An den Auslieferungslagern, die nicht selten in Wohngebieten liegen, entzündet sich der Zorn der Nachbarn. Und auch die "Rider", wie die Fahrradboten neudeutsch genannt werden, begehren gegen schlechte Arbeitsbedingungen auf und gründen einen Betriebsrat.

(vbr)